legal nutshell #9
Gemäß § 17 Privatstiftungsgesetz (PSG) bedürfen Rechtsgeschäfte zwischen einem Mitglied des Stiftungsvorstandes und der Stiftung (eine Form des "Insichgeschäftes"), soweit die Stiftung keinen Aufsichtsrat hat, der Genehmigung der übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Gerichtes. Diese Genehmigungspflicht greift auch für Geschäfte, die wirtschaftlich einem solchen mit einem Mitglied des Stiftungsvorstandes gleichkommen. Eine Genehmigung darf das Gericht aber nur dann erteilen, wenn der Abschluss im Interesse der Privatstiftung liegt. Was im Interesse der Privatstiftung liegt, ist überwiegend dem Stiftungszweck zu entnehmen. Soweit zu den - unstrittigen - Grundlagen.
Gegenstand der Entscheidung OGH 6.4.2022, 6 Ob 45/22v war eine Privatstiftung mit dem gemeinnützigen Zweck, das Lebenswerk einer (verstorbenen) Künstlerin und Stifterin für die Allgemeinheit zu erhalten und öffentlich zu präsentieren. Gerichtlich genehmigt werden sollten Galerieverträge, konkret die Beauftragung von drei Galerien zum Verkauf von Kunstwerken (gegen Provision) im Eigentum der Stiftung an private Sammler. Jede Galerie wurde von einem Mitglied des Stiftungsvorstandes beherrscht.
Die Genehmigungspflicht dieser Galerieverträge war unstrittig. Dennoch ist diese Entscheidung in zweierlei Hinsicht interessant. Einerseits trifft der OGH Aussagen zum Umfang der Genehmigungspflicht und andererseits zur Frage des Prüfumfanges:
- Die Stiftung argumentierte, das Gericht habe lediglich die Galerieverträge (genauer die Provisionsvereinbarung) mit den Galerien zu prüfen, zumal der nachfolgende, von den Galerien vermittelte, Verkauf (zu den Bedingungen der Galerieverträge) ohnehin noch vom Stiftungsvorstand zu genehmigen wäre. Der OGH war hingegen der Ansicht, dass diese Galerieverträge als "Vorbereitungsverträge" nicht losgelöst zu betrachten sind, sondern letztlich Mittel zum Zweck des Verkaufs der Kunstwerke darstellen. Die Folge war eine Gesamtbetrachtung des Gerichtes: entspricht der Verkauf der Kunstwerke nicht dem Interesse der Stiftung, dann trifft dies auch auf die Galerieverträge insgesamt zu.
- Das Interesse der Stiftung wird - wie einleitend bemerkt - wesentlich vom Stiftungszweck abhängen, was zur zweiten Aussage des OGH führt. Geplant war, vermittelt durch die Galerien, schlussendlich ein Verkauf an Privatsammler. Daraus folgerte der OGH eine Übergehung des Stiftungszweckes, zumal dort angeordnet war, das Lebenswerk der Künstlerin für die Allgemeinheit zu erhalten und es öffentlich zu präsentieren. Ein Verkauf an Privatsammler stünde im offenen Widerspruch zum Stiftungszweck.
Aus all diesen Gründen hat der OGH bereits die Galerieverträge als unzulässiges Insichgeschäft nicht genehmigt bzw die vorherigen Entscheidungen bestätigt.
Interessant an dieser Entscheidung ist - wie ausgeführt - der Umfang des Prüfgegenstandes: der Stiftungszweck wird nicht nur durch die Prüfung des Geschäftes an sich geschützt, sondern vorliegend auch anhand einer Prüfung der Geschäftsanbahnung und Abwicklung.
Zusammenfassend zeigt sich erneut die Notwendigkeit zur genauen Gestaltung und Formulierung des Stiftungszweckes. Diesen zu wahren ist nicht nur Kardinalaufgabe des Stiftungsvorstandes, sondern auch der Gerichte.