legal nutshell #6

Mit der Entscheidung des OGH (GZ 2 Ob 83/21a vom 14.12.2021) ist hoffentlich eine länger andauernde Rechtsunsicherheit im Erbrecht beseitigt. Worum geht es?

Beim Pflichtteil handelt es sich um jenen Teil am Erbe, den gewisse Personen (zb Verwandte wie Kinder) jedenfalls erhalten müssen. Unter gewissen Umständen kann dieser Pflichtteil aber nochmals reduziert werden. Bereits mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 1989 wurde diese Möglichkeit der neuerlichen Reduktion eingeführt, sofern mit dem Pflichtteilsberechtigten niemals ein Naheverhältnis bestand, wie es „normalerweise“ üblich wäre. Vor wenigen Jahren wurde diese – doch sehr einschränkende/restriktive – Regelung mit der Erbrechtsreform (ErbRÄG 2015) nochmals erweitert.

§ 776 ABGB sieht jetzt vor, dass der Pflichtteil auch dann um die Hälfte gemindert werden kann, wenn zwischen dem Verfügenden und dem Pflichtteilsberechtigten vor dem Tod über einen längeren Zeitraum kein solches Naheverhältnis bestand.

Hinsichtlich der Dauer dieses „Zeitraumes“ werden in der Lehre seither die unterschiedlichsten Meinungen vertreten. In der neuen Entscheidung stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) jetzt – zumindest was das Eltern-Kind Verhältnis betrifft – aber klar, dass ein solches „übliches“ Naheverhältnis mindestens 20 Jahre fehlen muss.

Eine solche Pflichtteilsminderung hat freilich durch eine formgültige letztwillige Verfügung angeordnet zu werden.